24. Februar 2023

Eine besondere Schweigeminute der Schulgemeinschaft

Heute haben wir an der BBS Thuine - wie vermutlich an vielen Schulen - eine SCHWEIGEMINUTE anlässlich des Jahrestages des Kriegsbeginns in der Ukraine gehalten. Die Klasse 2 der BFS Pflegeassistenz (PA 2) hat dazu einen einführenden Text vorbereitet, der es in sich hatte. In der Pausenhalle versammelte sich die Schulgemeinschaft um einen hell leuchtenden Globus, der ganz bewusst auch auf die verschiedenen weltweiten Konfliktherde und das Leid zahlloser Menschen hinweisen sollte. Steine und die Frage „WARUM?“, die um den Globus angeordnet waren, zeigten zweierlei:

Wie unmenschlich und hart das Schicksal der Betroffenen eigentlich ist und wie hilflos wir davor stehen, weil leichtfertige Antworten und Lösungen einfach nicht passen.

Hier nun der Text der PA 2:

Heute vor genau einem Jahr hat Russland die Ukraine angegriffen. Das war der Anfang eines Krieges, von dem wir jeden Tag in den Nachrichten hören. An vielen Schulen gibt es aus diesem Anlass irgendwelche Aktionen, mit denen man an die Opfer und Betroffenen denken will, ihnen Solidarität zeigen will. Viele halten deshalb eine Schweigeminute.

Aber wem ist mit einer Schweigeminute geholfen?

  • Halten wir eine Schweigeminute, weil es in ist und alle es machen?
  • Oder halten wir die Schweigeminute, um damit unser Gewissen zu beruhigen, weil wir dann wenigstens mal eine Minute was Gutes getan haben?
  • Ist es eigentlich nicht total ungerecht, dass wir an diesen Krieg so viel denken und an die vielen anderen Kriege auf der Welt nicht?
  • Sind uns die anderen Kriege schlichtweg egal, weil sie für uns nicht so bedrohlich wirken wie ein Krieg auf europäischem Boden? Der Krieg steht vor der eigenen Haustür, da kann einem schonmal mulmig werden.
  • Vielleicht haben wir allmählich aber auch die Nase voll, weil wir ständig von diesem Krieg hören.
  • Und außerdem könnte es uns nerven, dass auch in unserem Land seit dem Krieg so einiges nicht mehr stimmt. Alles wird teurer, das Portemonnaie leerer.
  • Ist es nicht einfach nur traurig, dass die Welt aufrüstet und Waffen der Zerstörung baut, während ein Großteil der Bevölkerung das Geld gebrauchen könnte, um wenigstens das Allernötigste zum Essen zu haben?

Tausend Fragen, ernstzunehmende Fragen beschäftigen uns.Und auf die tausend Fragen finden wir keine Antworten. Lösungen liegen in weiter Ferne. Ist da eine Schweigeminute nicht mehr Ausdruck unserer Ohnmacht als Zeichen echter Solidarität?

  • Wir könnten einfach auf die Schweigeminute verzichten, dann würde man nicht so tun, als ob…
  • Wir könnten auf die Schweigeminute verzichten und zur Tagesordnung übergehen, so tun, als wäre das alles nicht da.
  • Wir könnten einfach auf die Schweigeminute verzichten, weil sie niemandem etwas bringt…


ABER was wäre, wenn wir die Schweigeminute trotzdem halten?

  • Würde sie irgendjemandem schaden?
  • Und könnte nicht jeder von uns mit den Gedanken und Gefühlen in diese Schweigeminute gehen, die er oder sie gerade empfindet?
  • Oder mit den vielen unbeantworteten Fragen, die uns wütend, traurig oder hilflos machen?
  • Warum sollen wir uns davor verstecken, dass wir alle nicht weiterwissen?
  • Warum sollten wir uns davor verstecken, dass der Krieg uns bedrückt und gleichzeitig nervt?
  • Warum sollten wir den Opfern und Betroffenen nicht einen Augenblick unserer Zeit und Solidarität schenken?

 

Niemand hindert uns, auch die vielen Opfer außerhalb des Ukrainekrieges in unser Schweigen einzubeziehen.

  • Die Kinder, die während dieser Schweigeminute an Hunger sterben.
  • Die Mütter und Väter, die in dieser Schweigeminute in der Türkei oder in Syrien ihr totes Kind aus den Trümmern des Erdbebens bergen.
  • Die Kinder und Jugendlichen, die in diesem Moment weinen, obwohl sie Nahrung, Kleidung und Frieden haben, denen es trotzdem aus irgendeinem Grund schlecht geht.

 Für alles das haben wir keine Lösung,

  • für alles das fehlen uns die Worte,
  • wegen alledem ist es ehrlicher, einmal zu schweigen,
  • denn zu alledem fällt uns einfach nichts mehr ein.


Vielleicht hilft es doch, wenn wir wenigstens einen Moment ehrlich sind, hier und anderswo und auf der ganzen Welt. Wenn die ganze Welt einmal still werden würde… Das hätte was von Echtheit.

Wir laden euch jetzt ein, 60 Sekunden lang still zu werden. Es ist egal, welche Fragen euch durch den Kopf gehen oder was ihr fühlt. Aber seid innerlich einfach echt. Dann ist die Welt wenigstens im Kleinen, hier an der BBS 60 Sekunden lang wahrhaftiger und ehrlicher gewesen.